Perfekter Blick nach hinten
Perfekte Sicht im Rückspiegel? Bei vielen Motorrädern immer noch Fehlanzeige. Wie man Rückspiegel sinnvoll umbaut, zeigen wir hier.
Rückspiegel sinnvoll umbauen
Immer wieder erreichen uns E-Mails mit Fragen zu Rückspiegeln: Welchen Spiegel kann ich an meiner Maschine verwenden? Wie bringe ich ihn an? Brauche ich Adapter? Passen Lenkerendenspiegel? Leider können auch wir in keinem Handbuch nachschlagen, welcher Spiegel an welches Motorrad passt. Daher ist ein Blick auf die Originalspiegel der Maschine, deren Befestigung und die Rahmenbedingungen (z. B. bereits vorhandene Lenkerendenblinker oder Handprotektoren) unumgänglich.
Spiegel an der Lenkerarmatur
Um zweifelsfrei zu ermitteln, ob ein Zubehörspiegel an die Lenkerarmatur des Motorrads passt, schraubt man den vorhandenen Spiegel einmal heraus und misst das Gewinde im Durchmesser mit einer Schieblehre (Abb. 1) und in der Steigung mit einer Gewindelehre (Abb. 2), sowie ggf. die Länge des Halses (Gewindelänge, Abb. 3).
Ferner schaut man, ob es sich um ein übliches Rechts- oder um ein Linksgewinde handelt. Beim Linksgewinde befindet sich als Kennzeichnung eine Kerbe an der Mutter, der rechte Lenkerspiegel bei z. B. Yamaha-Modellen ist meist mit Linksgewinde versehen.
Japanische Motorräder über 125 ccm haben meist ein Gewinde mit 10 mm Durchmesser und einer Steigung von 1,25 (Schreibweise: M10 x 1,25). Roller und kleine Maschinen besitzen hingegen häufig ein M8-Gewinde, das manchmal durch die Armatur hindurchgesteckt ist (Abb. 5). Das durchgesteckte Gewinde findet sich auch an vielen Harleys (Abb. 6) oder älteren 2-Ventil-BMWs.
Neuere BMWs mit kurzem Gewinde haben zwar einen Gewindedurchmesser von 10 mm, aber eine Steigung von 1,5 mm, hier kann ein kurzer Adapter verwendet werden.
Viele unserer Lenkerspiegel kommen bereits mit zusätzlichem Linksgewinde- und Harley-Adapter im Lieferumfang, sodass hier nichts zugekauft werden muss.
Wichtig für die Funktion des Spiegels sind Armlänge und Einstellung. Spiegel mit kurzem Arm sind nur etwas für sehr breite oder sehr hohe Lenker, an schmalen Lenkern würde der Jackenärmel einen Teil der Spiegelfläche verdecken.
Der Spiegel muss an der Armatur gut festgezogen werden, nachdem man ihn ausgerichtet hat. Das geschieht entweder von unten beim durchgesteckten Gewinde oder von oben per Kontermutter.
Bei Harley kann man zum Teil alternativ auch einen normalen Spiegel ohne Adapter mit einer von unten durchgesteckten Schraube befestigen, wenn das Gewinde übereinstimmt. Ein Tropfen Schraubensicherung (mittelfest) verhindert ggf. das Losvibrieren.
Dann wird der Kopf so eingestellt, dass sich eine gute Sicht auf den nachfolgenden Verkehr ergibt. Manche Spiegel haben am Kugelgelenk des Kopfes eine weitere Feststellmutter, die man behutsam etwas weiter anziehen kann, falls sich der Kopf im Fahrtwind von selbst verstellt.
Lenkerendenspiegel
Soll die gestreckte Linie eines Bikes gut zur Geltung kommen, etwa beim Fighter oder Cafe Racer, werden gern Lenkerendenspiegel montiert. Ob über oder unter dem Lenker, ist Geschmackssache. Erlaubt sind beide Varianten, solange der Lenkeinschlag und die Sicht nach hinten nicht behindert werden. Solch ein Spiegel wird entweder außen am Lenkrohr oder per Innenklemmung befestigt.
Bei der Außenklemmung muss natürlich genug Platz für Griffe und Armatur bleiben. Evtl. müssen diese nach innen versetzt werden.
Für die Innenklemmung muss das Lenkerrohr innen frei sein. Z. B. darf sich darin keine Gewindehülse von original Lenkerenden befinden. Ist eine Hülse vorhanden, schaut man, ob diese sich herausnehmen lässt – nicht jede Hülse ist demontierbar.
Als dritte Möglichkeit können auch spezielle Lenkerenden mit Metall-Klemmung im Lenker festgespannt werden, die den Lenkerendenspiegel aufnehmen.
Lenkerenden mit Gummiklemmung taugen leider nicht für die Montage eines Spiegels, sie würden sich verdrehen. Bitte nur entsprechende Lenkerendenadapter mit Metallklemmung verwenden.
Verkleidungsspiegel
Ist der originale Verkleidungsspiegel defekt oder soll er gegen einen schlanken, eleganten Aluminiumspiegel getauscht werden, muss auch hier zunächst geprüft werden, welche Befestigungsmöglichkeit die Verkleidung bietet. Entscheidend ist der Schraublochabstand und die Lage der Schraublöcher bezüglich der Winkelung des Spiegelarmes.
Dann muss verglichen werden, ob der Adapterfuß des Wunschspiegels diesen Schraublochabstand abdeckt (meist sind variable Langlöcher vorhanden) und ob der Spiegel mit dem Adapter im gewünschten Winkel auf der Verkleidung positioniert werden kann.
Modulares gazzini Spiegelsystem
Wer sich am liebsten selbst den optimalen Spiegel für sein Bike aus Einzelkomponenten zusammenstellen möchte, findet bei gazzini ein geniales Modularsystem. Verschieden geformte Spiegelgehäuse, unterschiedlich lange Arme und diverse Aufnahmen für die Lenkerarmatur, das Lenkerende oder die Verkleidung können frei miteinander kombiniert werden. So lassen sich ideale Spiegel für die individuelle Anwendung kombinieren oder bei Umbauten und Modellwechsel bereits vorhandene Komponenten an ein neues Fahrzeug anpassen (Abb. 18).
1. = Montageart wählen
2. = Speigelstrebe wählen
3. = Spiegelform wählen
1. a) = Lenkerende mit Gelenkaufnahme
1. b) = Adapter für Lenkeramatur
1. c) = Spiegelgelenk (Erhältlich in: M10x1.25 Rechtgewinde; M10x1.25 Linksgewinde; M10x1.5 Rechtgewinde; M8x1.25 Rechtsgewinde
2. a) = Kurz
2. b) = Mittel
2. c) = Lang
3. a) = Rund
3. b) = Oval
3. c) = Achteck
3. d) = Rechteck
Vibrationsprobleme
Wenn die Sicht im Spiegel durch Vibrationen getrübt wird, können diverse Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Vibrationen sind in ihrem Verhalten jedoch schwer zu kalkulieren, daher kommt es immer auf den Versuch an. Zunächst sollte geklärt werden, ob das Vibrationsverhalten der Maschine normal ist. Übermäßige Vibrationen können z. B. auf eine lose Motorbefestigung oder einem Mangel am Motor selbst zurückzuführen sein. Am unangenehmsten wirken sie sich meist an einem geraden, kurzen Lenker aus, während sie sich an einem geschwungenen, breiten Lenker eher „verlaufen“. Also kann auch die Wahl des Lenkers für das jeweilige Bike einen Einfluss darauf haben, ob nerviges Gekribbel in bestimmten Drehzahlbereichen die Finger taub werden lässt und die Sicht im Spiegel verdirbt. Manche Spiegel haben einen eingebauten Vibrationsvernichter im Fuß, der aus einer einstellbaren Feder und einem Gewinde besteht.
An der Armatur kann auch ein Vibrationsvernichter unter den Spiegelfuß gesetzt werden, der den Spiegel in Gummi lagert.
Und was sagt der TÜV?
Was du beim Kauf von neuen Rückspiegeln unbedingt beachten solltest:
Aktuelle Motorräder haben in der Regel eine EG-Typengenehmigung (siehe hierzu Eintrag im Fahrzeugbrief, Spalte „K“. Die Nummer beginnt mit einem „e“). Bei diesen Motorrädern dürfen ausschließlich Spiegel mit E-Prüfzeichen montiert werden. Wenn der Spiegel mit einem Prüfzeichen versehen ist, stimmt auch die geforderte Größe von 69 cm² und er ist somit zugelassen. Fahrzeuge, die vor dem 17.06.2003 erstmalig zugelassen worden sind, haben meistens keine EG-Typengenehmigung (siehe hierzu im neuen Fahrzeugbrief, Spalte „K“ oder bei älteren Briefen S. 4). Bei diesen Motorrädern ist auch eine Spiegelfläche von 60 cm² ausreichend.
Das Louis Technikcenter
Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.
Bitte beachten!
Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.
Wir danken für dein Verständnis.
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