Lenker Umbau am Motorrad
Serien-Lenker passen nicht zu jedem Fahrer. Zu unterschiedlich sind Körpergröße und persönliche Vorlieben. Ein individueller Lenker-Umbau wirkt da oft Wunder in Sachen Fahrspaß und Sicherheit.
Auswahl des Wunschlenkers
Die optimale Sitzposition auf dem Motorrad ist eine sehr individuelle Sache: Sie hängt von den Vorlieben und der Körpergröße des Fahrers ab, aber auch das Styling des Bikes spielt eine große Rolle, wenn es um die Wahl des richtigen Lenkers geht. Durch Form, Material und Farbgebung lässt sich der Charakter und die Linienführung der Maschine ganz nach dem persönlichen Geschmack beeinflussen. Der Austausch des Lenkers ist eine Arbeit, die auch in der Hobbywerkstatt problemlos und sicher gelingen kann – folgende Tipps werden dir helfen, sie auf Anhieb erfolgreich zu meistern.
Bevor du deinen Wunschlenker kaufst, teste zunächst am Motorrad, ob dieser von den Maßen her wirklich verwendet werden kann, ob eine ABE oder ein TÜV-Gutachten vorliegt und ob deine Original-Kabel und Züge lang genug zur Montage sind. Das geht am besten, indem du den originalen Lenker deines Bikes von einem Helfer festhalten lässt und ihn einmal aus der Klemmung an der Gabelbrücke löst. Lasse den Lenker dann vom Helfer in die Höhe halten und miss, wieviel Spielraum Kabel und Züge zulassen. Kalkuliere nun die Breite deines neuen Lenkers ein.
Erweisen sich Kabel oder Züge als zu kurz, müsstest du am Motorrad prüfen, ob sich die Situation durch geschicktes Verlegen derselben verbessern lässt. Ansonsten müsstest du längere Komponenten in deinem Umbau einplanen. Gleiches gilt für Bremsleitungen. In unserem Schraubertipp Stahlflex-Bremsschläuche wird der Austausch von Bremsschläuchen genau beschrieben. Elektrokabelstränge können durch das Zwischenlöten von Kabelsegmenten und das Isolieren mit Schrumpfschlauch verlängert werden. An älteren Street- bzw. Sportbikes passen hin und wieder die Kupplungs- und Gaszüge eines konstruktionsverwandten Chopper- oder Touringmodells.
Zu einem gelungenen Lenkerumbau gehört auch die Auswahl optisch passender Lenkerenden – diese kauft man am besten gleich zusammen mit dem neuen Lenker ein, denn die originalen Endstücke besitzen teilweise ein Schraubgewinde und lassen sich im Zubehörlenker nicht mehr weiterverwenden. Beachte dabei, dass die Lenkerenden vom Durchmesser der Klemmung her zum benutzten Lenker passen müssen. Stahllenker haben in der Regel einen Innendurchmesser von 17 – 18 mm, Aluminiumlenker i. d. R. 14 mm. Neigt dein Fahrzeug zu feinen Vibrationen, ist es sinnvoll, am Lenker „Vibrationsvernichter“ zu montieren, also Lenkerenden mit erhöhtem Gewicht.
Lenker Umbau – so geht's
01 – Arbeitsvorbereitung
Bevor du mit deinem Umbau beginnst, suchst du dir einen geeigneten Platz für ungestörtes, sauberes Arbeiten. Lege dir dein Werkzeug und die benötigten Umbauteile zurecht, bocke das Motorrad sicher auf und decke den Tank des Bikes gut mit einem Tuch ab, um den Lack zu schützen.
02 – Lenkerenden entfernen
Löse zuerst die Lenkerenden des originalen Lenkers. Hierzu wird in jedem Fall ein ausreichender Hebelarm benötigt – oft ist die Verschraubung sehr „festgebacken“. Kreuzschlitzschrauben löst man am besten mit einem Schlagschrauber, ist ein solcher nicht zur Hand, können ein paar trockene Schläge mit dem Hammer auf einen exakt zur Schraube passenden Kreuzschlitzschraubendreher und konzentrierte Kraftanwendung helfen, die Schraube zu lösen.
03 – Griffgummis lösen
Dann gilt es, die Griffgummis zu lösen. Der Profi bläst Pressluft zwischen Gummi und Lenker – in der Heimwerkstatt kann man ebenso gut mit einer Einwegspritze etwas Spülmittel oder Bremsenreiniger (bitte kein Öl!) unter den Griff geben. Ist der Griff an die Schaltereinheit geklebt, muss er mit einem Klingenmesser vorsichtig abgeschnitten werden.
04 – Schaltereinheiten und Lenkerklemmung abbauen
Die Schaltereinheiten können nun mit einem passenden Kreuzschlitzschraubendreher gelöst und abgenommen werden. Soll auf einen Fat-Bar Lenker (Klemmdurchmesser: 28,6 mm) umgebaut werden, muss zunächst die zentrale Verschraubung der Lenkerklemmböcke gelöst werden, ehe der Lenker aus der Klemmung genommen wird. Bitte beachte, dass italienische Hersteller auch Lenker in 28,0 mm Durchmesser herstellen. Hochwertige Nachrüst-Fatbar-Lenker wie LSL und Magura haben aber 28,6 mm Durchmesser und passen nicht in 28er Originalklemmen!
Jetzt entfernst du die Bremspumpe vom Lenker, löst die Kabel des Bremslichtschalters und legst die Bremspumpeneinheit in ein Tuch gehüllt auf dem Lampenhalter ab. Entferne die Lenkerklemmschrauben und nimm den Lenker aus der Lenkerklemmung. Bei gelöstem Lenker ist es dann einfach, die Gasgriffeinheit bzw. die Kupplungsarmatur zu demontieren, ohne den Gas- bzw. Kupplungszug aushängen zu müssen.
05 – Klemmböcke und neuen Lenker montieren
Sollen neue Klemmböcke verwendet werden, bringt man diese nun zusammen mit dem Lenker an der Gabelbrücke an und zieht die untere Verschraubung nach der Drehmomentangabe des Fahrzeugherstellers fest.
Als nächstes werden die Armaturen und Schaltereinheiten am neuen Lenker lose vormontiert und dann der Lenker nach den persönlichen Fahrgewohnheiten und der Linienführung der Maschine ausgerichtet. Dabei ist auf Freigängigkeit des Lenkers bei vollem Lenkeinschlag zum Tank und ggf. zur Verkleidung hin zu achten! Auch dürfen die Kabel und Züge nicht unter Spannung geraten – vielleicht stellt sich heraus, dass du dich bei der Wahl des Lenkers doch ein wenig verschätzt hast. Ist dies der Fall, muss zunächst geprüft werden, ob durch geschicktes Verlegen Abhilfe geschaffen werden kann. Andernfalls müssen längere Komponenten besorgt werden. Ist die endgültige Position für den Lenker gefunden, kann die Klemmung nach den Drehmomentangaben des Herstellers festgezogen werden.
06 – Endmontage von Lenker und Armaturen
Sind die Schaltereinheiten mit Arretierstiften versehen, müssen für diese Bohrungen im Lenker angebracht werden. Vergewissere dich daher, dass du wirklich die optimale Montageposition für deinen Lenker und die Schaltereinheiten gefunden hast. Berücksichtige dabei auch die Länge der verwendeten Griffe (Zubehörgriffe weichen ggf. von der Länge der Originalgriffe ab) und die Position der Lenkerenden.
Kontrolliere noch einmal die Freigängigkeit der Schaltereinheiten zum Tank und zur Verkleidung bei Volleinschlag des Lenkers und zeichne die Bohrungen für die Arretierstifte sorgfältig an diesem an. Alternativ kannst du auch etwas Kreppband um den Lenker kleben und mit dem Arretierstift der Schaltereinheit einen Abdruck in das Klebeband machen – dieser lässt sich hervorragend zum Bohren ankörnen.
Lege nun am besten eine kleine Pause ein und schaue dir dann noch einmal deine Lenkermontage in Ruhe an. Wenn du dir völlig sicher bist, dass du die beste Position für deine Schaltereinheiten gefunden und die Markierungen für die Bohrlöcher korrekt gesetzt hast, bohrst du das Lenkrohr einseitig im Durchmesser der Arretierstifte.
Wer vermeiden möchte, dass ihm der Bohrer vom glatten Lenkrohr abrutscht, wer sich beim Ankörnen gern „verschlägt“ oder irgendwie immer schief ins Werkstück bohrt, sollte eine Bohrschablone verwenden (z. B. von LSL) – sicher ist sicher, mit dieser können solche Fehler nicht passieren. Nach dem Bohren entgratest du das Bohrloch mit einem Senker oder einem großen Bohrer.
Montiere nun die Schaltereinheiten, Armaturen und Griffe endgültig – richte Bremspumpe und Kupplungsarmatur dabei so aus, dass du diese mit optimaler Handkraft betätigen kannst. Bei optimal ausgerichtetem Kupplungs- und Bremshebel bildet der Unterarm mit den auf den Hebeln ruhenden, ausgestreckten Fingern eine Linie. Damit wäre dein Lenkerumbau abgeschlossen.
Prüfe noch einmal Bremse und Kupplung sowie alle Funktionen der Schaltereinheiten, bevor du dich auf die erste Fahrt begibst. Diese sollte dann zunächst zur KFZ-Prüfstelle führen, um den neuen Lenker und ggf. die Klemmböcke in die Papiere eintragen zu lassen. Vielleicht wird der Prüfer dabei auch ein Auge auf den Gesamtzustand deines Bikes werfen – beuge hier lieber vor. Nur wenn du einen Lenker mit ABE erworben hast, kannst du dir die Fahrt zur Prüfstelle und die anfallenden Kosten sparen – dann musst du nur die ABE zusammen mit deinen Fahrzeugpapieren bei jeder Fahrt mitführen.
Das Louis Technikcenter
Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.
Bitte beachten!
Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.
Wir danken für dein Verständnis.
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